Hast Du das Wort „Teal” im Arbeitskontext schon mal gehört oder gelesen? Sehr wahrscheinlich, wenn Du Dich als Führungskraft, HR-Professional oder in der Organisationsentwicklung „up to date” hältst. Doch dieser Artikel behandelt Laloux’ Teal Organizations (2014) nicht nochmals im Detail. Er handelt nur am Rande von frustrierenden Versuchen in der Umsetzung so genannter „Teal Practices”. Nein, es geht um das, was wir bei der Alpha Inspiration unter Teal verstehen, wie wir dazu kamen und wo wir dieses Werkzeug in der Arbeit mit unseren Kunden anwenden.
Welches Werkzeug fällt Dir ein, das mehrere Funktionen hat, in jede Hosentasche passt, schick aussieht und außerdem so robust ist, dass man sich auf jedem Abenteuer darauf verlassen kann? In meiner Kindheit – guess what – war es das Multifunktions-Taschenmesser von Victorinox. MacGyver hatte auch so eins! Das mit der ausklappbaren Säge und dem Zahnstocher, der mir bald verloren ging. Das mit der verdammt scharfen Klinge, von der die Narbe an meinem Oberschenkel erzählt.
Ein Taschenmesser also, und zwar ein Schweizer Taschenmesser. Schließlich stammt die Gründerin der Alpha Inspiration, Dr. Verena Baldinger, aus der Schweiz. Ein Schweizer Taschenmesser. Kein Handy. Kein Thermomix. Kein … (Ich bin gespannt, ob Dir eine Analogie einfällt, die besser zutrifft). Teal® ist ein solches Multifunktions-Tool für Training, Coaching und Beratung. Noch reicht es nicht, um damit Bumerangs zu schnitzen oder sich die Nägel zu feilen, aber wir arbeiten daran😉
Doch, bevor ich Deine Geduld strapaziere:
Teal® steht für ein Tool, mit dem wir Situationen ganzheitlicher wahrnehmen und komplexer denken können, um effektivere Lösungen für nachhaltig erfolgreiche Entwicklung zu ermöglichen.
Davon ausgehend nutzen wir Teal® bei der Alpha Inspiration – man beachte das Registered-Trademark-Zeichen – erstens als Navigationssystem, zweitens als Framework und drittens als Praxis für die Entwicklungsreise von Menschen und Unternehmen. Die Unterscheidung dieser drei Funktionen hat sich in mehreren Jahren der kundenorientierten Arbeit herauskristallisiert. Inspiriert wurde sie unter anderem von Sean Esbjörn-Hargens, der in einem beachtlichen Research Paper eine ähnliche Differenzierung auffächert (2009).
Die Kombination dieser drei Aspekte – Navi, Framework, Praxis – gewinnt insbesondere in Programmen an Bedeutung, die ein komplexeres Design aufweisen und über mehrere Monate laufen. Dazu zählen beispielsweise unsere Leadership Journeys oder Leistungen in der Organisationsentwicklung. Diese Kontexte gehen mit unvorhersehbaren Dynamiken und potenziell stressigen Situationen bei allen Beteiligten einher. Dank Teal® als Tool dürfen wir dem sicherer, leichter und vor allem mit mehr Freude begegnen.
Aber das war nicht immer so. Es hat ein paar Runden gebraucht, bis wir aus einer Metatheorie ein Werkzeug schmieden konnten… und das Eisen ist noch heiß!
Zählst Du Dich zu den Menschen, die „Teal” gerne mal im „Buzzword Bingo” fallen lassen? Oder zu denjenigen, die von Reinventing Organizations inspiriert waren oder sind? Denn durch dieses Buch wurden die vier Buchstaben in der Arbeitswelt bekannt. Nach seiner Publikation im Jahre 2014 ging es regelrecht durch die Decke! Der Autor: Frederic Laloux, Ex-McKinsey, Belgier, und sympathischer Visionär. Nach seinem Ausstieg aus der konventionellen Beratung untersuchte Frederic mehrere Organisationen, die einige Dinge radikal anders machen und trotzdem – oder vielleicht deswegen – erfolgreich sind. Darunter zählen die US Outdoor-Company Patagonia, die Heiligenfeld-Kliniken in Deutschland, der niederländische Pflegedienstleister Buurtzorg und eine ganze Reihe weiterer Unternehmen aus verschiedenen Branchen.
Fred fand heraus, dass diese Unternehmen nach vollkommen anderen Prinzipien arbeiten als der Großteil ihrer Mitbewerber. Um sie davon abzuheben, nennt er sie „Teal Organizations”. Damit beschreibt er eine bislang kaum erforschte Ebene der Organisationsentwicklung und eröffnet zugleich ein neues Paradigma im Feld der Arbeit, mit dem Namen “Teal”. Aber Moment mal: “Teal” kommt doch aus dem Englischen und bezeichnet doch eine Farbe, nämlich in deutscher Sprache die Farbe “petrol”. Weißt Du, was es damit auf sich hat?
Laloux entnimmt den Begriff „Teal” aus der Integralen Meta-Theorie, die maßgeblich vom US-amerikanischen Philosophen Ken Wilbererarbeitet wurde (z.B. 2018). Ein Element in dieser Theorie ist die Ebenen, durch die sich Organisationen, Kulturen und Menschen entwickeln, wenn diese Entwicklung gesund läuft. Die Abfolge und die Merkmale dieser Ebenen sind empirisch vielfach belegt. Das Ding ist, dass Ken für diese Ebenen einen Farbcode verwendet, um sie auseinander zu halten, wohlwissend, dass die Entwicklung fließend verläuft. Der Farbcode „Teal” steht in der Evolution für die erste Ebene, alle relevanten Qualitäten der vorigen Ebenen für gesunde Transformation zu integrieren vermag. Deswegen wird sie auch die „Integrale Ebene” genannt, etwa im Spiral Dynamics Modell von Don Beck und Christopher Cowan(2006), deren Farbcodierung teilweise von Ken’s Theorie abweicht. Laloux ist unseres Wissens der Erste, der die Entwicklung von Organisationen im Licht der Integralen Metatheorie beschrieben und dafür konkrete Beispiele aus realen Unternehmen genannt hat. Er benennt auch die Gefahren, die bei der exklusiven Fokussierung auf eine Ebene drohen. Dazu zählen etwa persönliche Identitätskrisen und ökologische Katastrophen in einer aktuell noch dominierenden Wirtschaftswelt, die schwerpunktmäßig auf “orange” tickt.
Dennoch wird Laoux Ansatz in der Businesswelt kritisch gesehen. Ihm wird naiver Idealismus vorgeworfen. Ich finde die Kritik teilweise begründet, doch hat sie größtenteils mit den Kritisierenden selbst zu tun: Mir sind Menschen begegnet, die von Reinventing Organizations erst maximal begeistert waren, und einige Monate später maximal enttäuscht. Das hat mehrere Gründe:
- Die „Teal Practices”, die Laloux beschreibt, erwecken den Eindruck, dass sie ein Unternehmen mal eben kurz auf die Teal Ebene heben, wenn man sie kopiert und überstülpt. Doch sind es halt nur Einzelmaßnahmen, und eben keine prozessorientierte Kultur- oder Organisationsentwicklung. Ein theoretisches Modell und die damit verknüpften Practices lassen sich leider nicht vom Reißbrett ins Arbeitsleben zaubern.
- Laloux reduziert die Integrale Theorie auf Entwicklungsebenen. Was den Anschein einer ganzheitlichen Betrachtung erweckt, deckt jedoch maximal 20 Prozent ab. Die Integrale Metatheorie setzt sich aus mindestens fünf Elementen zusammen. Wir verwenden teilweise sechs. Die Ebenen sind nur ein Element, neben den Quadranten, Zuständen, Typen und Linien, sowie n so genannten Schatten.
- Laloux nutzt Teal aus einer Berater-Perspektive. Mit der Berater-Brille auf der Nase lässt es sich wunderbar AUF eine Organisation schauen, wie aus einem Flugzeug (oder von einem Elfenbein-Turm herab). Für eine Keynote über Organisationsentwicklung kann das dienlich sein, doch im Prozess der Durchführung reicht diese Brille nicht mehr aus. ÜBER etwas zu sprechen, benötigt andere Kompetenzen als MIT jemandem zu sprechen. Ohne die Integration von Perspektiven und emphatische Intelligenz zerschellt jede Beratung an der Wand.
- Die bloße Beschäftigung mit einer Entwicklungstheorie birgt dider ideologischen Verherrlichung und der Arroganz. Allzu leicht bläht sich das Wissen über Teal zum intellektuellen Mindfuck auf, der ausgenutzt wird, um sich bewusst oder unbewusst über andere zu erheben. Dies trifft übrigens nicht nur auf die Integrale Theorie zu. Glaub’ mir, mein Bücherschrank weiß, wovon ich spreche 😉
Es war diese Abgehobenheit, die mich an der „Integralen Szene” – und an mir – irgendwie gestört hat. Auch während meiner Abreise 2015, als ich von einer Integralen Konferenz im Ruhrgebiet zurück nach Bayern fuhr. Angereist war ich wegen Fred Laloux, der dort eine Keynote hielt. Den Vortrag fand ich inspirierend. Doch die Konferenz fand ich, an vielen Stellen, irritierend.
Allen zwiespältigen Gefühlen zum Trotz darf ich rückblickend sagen, dass diese Veranstaltung in Oer-Erkenschwick einige Weichen gestellt hat. Ein paar Begegnungen waren für den Teal® Approach der Alpha Inspiration sogar ausschlaggebend: Moritz, Adeline und ich haben uns auf dieser Veranstaltung das erste Mal getroffen. Dr. Matthias Jacobi hielt einen spannenden Vortrag über Achtsamkeit und das Gehirn, Stefan Schoch hatte auf der Konferenz sogar eine Moderator-Rolle, Robert kam über Adeline… so nahm das seinen Lauf. Sieben Jahre später darf ich sagen, dass wir in der Umsetzung der Integralen Theorie in der Arbeitswelt einiges an Traktion gewonnen haben. Gut so, denn Grip auf der Straße schadet nicht auf der Road to Teal.
Wir verstehen Teal nach wie vor als die integrale Ebene in der Entwicklung von Organisationen und Menschen. Den Weg dorthin nennen wir die “Road to Teal”. Auf diesem Weg, dessen Richtung eindeutig ist, begleiten wir unsere Kunden. Wir sehen uns, wenn Du willst, als Weggefährten auf einer Reise, zu der wir vor einigen Jahren selbst aufgebrochen sind. Die Road to Teal ist, das kannst Du Dir vielleicht vorstellen, sehr abenteuerlich. Und bei jedem Abenteuer – gleich kommst Du – hat man bestenfalls was in der Tasche?
You got it: Ein Schweizer Taschenmesser! Bei der Alpha Inspiration verstehen wir Teal® als das Multifunktions-Tool für die Road to Teal. Wir nutzen es als Navigationssystem, als Framework und als Praxis. Einzigartig ist die Zusammenführung der drei Komponenten im „Alpha Inspiration way of Teal”. Ein Registered-Trademark-Zeichen setzen wir dahinter, weil wir die Integration dieser drei Aspekte für die Entwicklungsreisen mit unseren Kunden einzigartig und schützenswert fanden. Wir freuen uns mega, dass Teal® so resoniert.
Bist Du neugierig geworden? In den nächsten Artikeln gebe ich Dir einen Einblick, wie wir Teal® als Tool in Training, Coaching und Beratung einsetzen.